Ein Buch zum Achtsamwerden, zum Nachdenken über das eigene Leben, über Wünsche und Veränderungen
Ihr Lieben,
heute noch ein Buchtipp aus dem Claudius Verlag, in dem ja schon der Schriftsteller-Theologe-Poet und mein sehr naher Freund Georg Magirius veröffentlicht haben. Das ist ein kleiner Verlag, der wirklich tolle Bücher zum Innehalten und Nachdenken über wichtige persönliche und öffentliche Themen macht. Wenn ihr Kraft und Zeit und Interesse habt, mögt ihr vielleicht mal reinschauen.
Hier also ein Buch, das nicht nur über Meditation schreibt, sondern es einem auch leicht macht, innezuhalten und über euch selbst nachzudenken: Wo steht ihr? Lebt ihr euer Leben wirklich so, wie ihr es euch früher erträumt habt? Wollt ihr etwas ändern? Was ist euch wirklich wichtig im Leben und was wünscht ihr euch? Ich fand es schön und habe es einfach so gelesen, ohne jede Übung wirklich durchzuführen, sondern als Anregung und kleine Nachdenkhilfe. Vielleicht interessiert sich ja der eine oder die andere gerade dafür. Viel Vergnügen, Anregung und Gutes Tun für euch selbst wünsche ich euch.
Ein sanftes und hilfreiches Büchlein, wie man wieder mehr zu sich selbst und zu mehr Lebensqualität finden kann
Der evangelische Pfarrer und langjährige Klinikseelsorger Detlef Wendler hat ein wunderschönes, gut lesbares und verständliches Büchlein verfasst, wie jeder und jede mit leicht durchzuführenden Übungen lernen kann, wieder mehr zu sich selbst, zu mehr Achtsamkeit und Lebensqualität und – wenn man das will, was der Autor aber ausdrücklich offenlässt – zu seiner eigenen Spiritualität zu finden.
Wieder verliebt ins Leben enthält nicht nur 40, mal leichte, mal auch gar nicht so leichte tägliche 5-Minuten-Meditationen, sondern es umfasst wesentlich mehr. Wendler spannt einen Bogen von der Bereicherung durch Meditation und Innehalten im Alltag, er beschreibt die vier Wachstumsbereiche spiritueller Entwicklung, er gibt immer Raum für den ganz persönlichen Weg jedes Einzelnen, und er lässt jede Freiheit, sein Buch zu lesen, Einzelnes oder alles anzuwenden – oder auch zu verwerfen, weil der persönliche Zeitpunkt für den Leser oder die Leserin im Moment nicht der richtige sein mag. Die Übungen bauen in vier Vertiefungen aufeinander auf, sie führen vom Innehalten im Alltag bis zur Entwicklung eines persönlichen, stärkenden Gottesbildes. Auch dabei betont der Autor, wie wichtig und heilsam es ist, sich das ganz eigene, stärkende, Mut machende Gottesbild zu verinnerlichen – im Gegensatz zu vorgegebenen, verkrusteten oder niederdrückenden falschen Abbildern der göttlichen oder: der Höheren Macht.
Wendler betont die Freiheit und Selbstbestimmung des Lesers und der Leserin immer wieder, und das macht das Vertiefen, das Überfliegen oder auch mal Ausprobieren einzelner Übungen sehr spielerisch, persönlich und außerordentlich selbst-bewusst. Es ist kein Buch, das man in Einem durchlesen und danach zur Seite legen kann; sondern die vielen, gut nachvollziehbaren und eindrücklichen Beispiele, Geschichten und Erlebnisse aus den verschiedensten Kontexten wirken schon beim Lesen selbst und vor allem hinterher nach, wenn man versucht ist, doch mal die eine oder andere Übung auszuprobieren und über den eigenen Alltag, die eigene Achtsamkeit und über sein ganz persönliches Gottesbild – wie auch immer es aussehen mag – nachzudenken.
Ich habe lange nicht alle Übungen, auch nicht in der vorgeschlagenen Reihenfolge, meditiert. Dennoch hat mich Wieder verliebt ins Leben sehr berührt und dazu angehalten, wieder mehr auf mich, auf Signale meines Körpers, auf die Natur und die schönen Dinge in meinem Leben zu achten – und auf das, was ich mir unter Gott vorstellen kann, was mich stärkt und in dem „Raum der Stille in meinem Innersten“ bedingungslos annimmt und liebt – und zwar jenseits von jeglichem Leistungsanspruch und Überforderungsdenken, unter dem so viele Menschen in unserer Gesellschaft leiden und krank werden.
Wieder verliebt ins Leben will konkrete, leicht umsetzbare Hilfe und kleine Schritte anbieten, gegen Erschöpfung und Ausgebranntsein, gegen Sinnlosigkeit und Lebensmüdigkeit anzugehen. Natürlich ist es kein Allheilmittel bei schweren Erkrankungen, aber es kann doch Mut machen, wieder mehr innezuhalten, auf die eigene innere Stimme zuhören und zu überlegen, wo man sich doch kleine Ruheräume inmitten des sogenannten selbstverständlichen Leistungsdenkens schaffen könnte. Wieder verliebt ins Leben regt, wie man es auch benutzt, ob oberflächlich oder jede einzelne Übung meditierend, wie nebenbei zum Nachdenken an, ohne mit Vorschriften oder einengenden Gottesbildern zu beschweren.
Wieder verliebt ins Leben liest sich wunderbar leicht, und diese Leichtigkeit inmitten des angeregten Nachdenkens bleibt auch lange nach dem Weglegen des Büchleins erhalten. Es ist unbedingt zu empfehlen, gerade nicht für Meditationsgeübte, sondern auch für Skeptiker und Kirchenferne, für Neugierige und Aufgeschlossene, die in ihrem hektischen Alltag, in Verpflichtungen und Leistungsansprüchen wieder mehr zu sich und zu mehr Lebensqualität finden möchten.
Danke für euer Zuhören.
Eure Miriam
miriam rosendahl am 28. Mai 14
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Ein Buch eines Freundes, das mich sehr bewegt hat
Ich kenne Georg Magirius seit meinem (abgebrochenen) Theologie-Studium, aus der Zeit, als ich in Frankfurt in einem kleinen evangelischen, inzwischen abgerissenen, Studentenwohnheim gewohnt habe. Dort habe ich ein paar der Menschen kennengelernt, zu denen ich heute noch innigen Kontakt halte und die für mein Leben wichtig sind - die mich genau so akzeptieren, wie ich bin, und die wirklich alle meine Tiefs, meine Schwächen, meine Süchte, aber vielleicht auch meineliebenswerten Seiten kennen.
Hier nun eine Rezension, die erste überhaupt, die ich geschrieben habe, und in der ich eines der vielen berührenden Bücher, die Georg Magirius auf seine ganz besondere Weise verfasst hat, für den Evangelischen Buchpreis vorgeschlagen habe. Vielleicht betrifft es die eine oder den anderen von euch, die oder der auch ein Kind zu früh verloren hat. Ich kann euch seine Bücher wirklich ans Herz legen. Georg ist ein ganz besonderer Mensch und Autor, der - OBWOHL Theologe - immer auch auf die Schattenseiten des Lebens sieht, auf die Menschen, die eben nicht dauernd funkzionieren, und ihnen mit seinen erzählenden Worten Mut, Trost und Leichtigkeit gibt.
Lest selbst, ob ihr mal Lust habt, ein Buch von Georg Magirius in die Hand zu nehmen.
Trauer auf eine fast heitere Weise - Wie ein Vater ohne seine Tochter weiterlebt
Der Schriftsteller-Poet-Theologe Georg Magirius schreibt in seinem Buch SCHMETTERLINGSTANGO – Leben mit einem totgeborenen Kind, über sein Leben ohne seine Tochter Juliane Magirius, die am 06. Oktober 2010 tot auf die Welt kam. Magirius schreibt stets besonders: mit großem persönlichen Bezug, bunten Erinnerungen und mit einer Fantasie, die beim Lesen oft ein Lächeln hervorruft. Doch dieses kleine Büchlein, der SCHMETTERLINGSTANGO, ragt aus seinen Veröffentlichungen noch einmal besonders hervor. Es gelingt Magirius, den Leser und die Leserin, ob sie nun selbst ein Kind betrauern oder nicht, auf jeder einzelnen Seite mit hineinzunehmen in die vielfältigen Gefühle der Trauer, die den Vater und Schriftsteller seit drei Jahren begleiten.
Juliane Magirius war ein Wunschkind, und sie wird von ihren Eltern jeden Tag zutiefst geliebt und schmerzlich vermisst. Magirius macht sich auf die Suche nach seiner Tochter. Er bringt dem Leser eindringlich nahe, dass auch ein totgeborenes Kind schon erstaunlich viele Erinnerungen und Bilder hervorruft. Magirius erweckt all die vielen kleinen Begebenheiten zum Leben, die er mit seiner Tochter bis zum Tag ihrer Geburt und ihres Todes – bis jetzt – erleben durfte: ihre Schwangerschaft, ihre Bewegungen, ihre Unruhe oder ihr Frieden bei den verschiedenen Geräuschen, bei den Stimmen ihrer Eltern, die Ultraschallbilder, auf denen sie sich weigerte, sich wie gewünscht ablichten zu lassen, ihr Eigensinn und ihre Schönheit. Magirius verweigert bewusst die Rückkehr zur Normalität, das hoch gepriesene „Loslassen!“, wie es ihm viele Menschen ahnungslos gewünscht, es sogar von ihm erwartet haben.
Doch beim Lesen des SCHMETTERLINGSTANGOs erkennt man: ein solcher Verlust geht niemals zu Ende. Auch wenn das Leben weitergeht, wird es nie mehr so sein wie vorher. Denn ein Kind hat im Mutterbauch gelebt, es wird geliebt und nie vergessen werden können. Nur durch Unsicherheit, falsche Angst oder Scham können solch schale Trostworte entstehen. Damit solch peinliche Fehler nicht passieren, entwickelt der Autor sogar einen eigenen „Knigge fürs Kondolieren“, der sich nicht nur höchst amüsant, sondern zugleich auch wirklich hilfreich lesen lässt. Denn wer Trauer kennt, für den lebt der verlorene Mensch mindestens in vielen Erinnerungen weiter. Doch das reicht dem Vater und Autor noch lange nicht. Er geht weit über seine Erinnerungen hinaus und beginnt, von noch viel mehr zu träumen, zu hoffen und zu glauben. Er zeichnet seine Tochter, malt sie in seiner Fantasie, wie er sie wiedersehen will: lebendig, voller Freude und Tatendrang, voll Liebe und Frieden, voller Verständnis für seine Eltern, die erst dann bei ihr sein können. Magirius erzählt nicht von Gewissheiten, sondern von seinem Glauben, den er in einem wunderbaren, ganz persönlichen Glaubensbekenntnis uns, seinen tief berührten Leserinnen und Lesern, anvertraut. Er träumt von Juliane, ihren Vorlieben und ihrem Eigensinn, ihrem Appetit, ihrem Lachen, ihrem Verständnis und ihrem Da-Sein, bis sie alle einander wieder, wie am Tag von Julianes Geburt, in den Armen halten dürfen. Magirius zwingt niemandem seinen Glauben auf, sondern erzählt, was ihm Mut macht, aber auch, dass er manchmal Wut empfindet auf diesen Gott, der sie ihm weggenommen hat, und dass es ihm Kraft gibt, mit seiner „kleinen Ärztin“ zu reden.
SCHMETTERLINGSTANGO ist ein tief berührendes Buch, das jedem beim Lesen die Hand reicht und sagt: Du bist nicht allein, es ist richtig und vollkommen nachvollziehbar, weiter zu trauern, und es ist kraftvoll und äußerst lebendig, an ein Wiedersehen mit dem – nur fürs Erste – fortgegangenen Menschen zu glauben.
Das Buch wendet sich nicht nur an Eltern, die ihre Kinder verloren haben, sondern findet eine Sprache für alle, die einen geliebten Menschen verloren haben. SCHMETTERLINGSTANGO macht uns Mut, nicht um jeden Preis loszulassen, sondern weiter zu leben, indem wir uns den Erinnerungen immer wieder stellen und – vielleicht – Kraft schöpfen durch die Hoffnung, nicht Gewissheit, dass dieser geliebte Mensch doch lebt und wir ihn eines Tages wiedersehen werden.
Das Buch liest sich zauberhaft, man erlebt, zusammen mit dem Vater und Autor, alle möglichen Gefühle: von herzhaftem Lachen bis erinnerndem Weinen ist alles dabei. Man kann die kleinen Abschnitte wunderbar für sich lesen, immer wieder neu entdecken, und man geht trotz des traurigen Ereignisses gestärkt aus der Lektüre hervor. SCHMETTERLINGSTANGO ist für alle zu empfehlen, die sich mit Trauer auf eine fast heitere Weise beschäftigen und deren ganz besondere Bilder und vielschichtige Gefühle kennenlernen oder diese wiederfinden wollen.
miriam rosendahl am 18. Mai 14
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Durch Krankheit und Armut habe ich gelernt, achtsamer zu werden
Seit ich geboren wurde, konnte in meinem Elternhaus von einer Sekunde auf die andere die Stimmung umschlagen und damit die Gefahr entstehen, geschlagen oder psychisch misshandelt zu werden. Dadurch habe ich schon früh gelernt und verinnerlicht, genauestens auf meine Mitmenschen und meine Umgebung zu achten. Das war überlebenswichtig für mich und meinen Bruder, der aus welchen Gründen auch immer von unserem Vater nie geliebt oder angenommen wurde. In guten Momenten war ich der Liebling meines Vaters, und diese wechselhafte Liebe hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet - wenn auch eines mit über zwanzig Jahren Sucht und Scham. Mein Bruder sah mit 26 keinen Sinn mehr und nahm sich das Leben.
So merkwürdig es vielleicht klingen mag, hat ja eine Sucht immer auch einen Sinn, einen Grund im Leben eines Menschen. Eine Sucht ist natürlich nicht gerade die beste und vor allem nicht die gesündeste Form, sich das zu holen, was man eigentlich braucht oder sucht, aber eine starke Abhängigkeit kann einen Menschen auch schützen - so lange, bis es ihm oder ihr eines Tages - nach viel Verständnis, Lernen und Therapie - vielleicht möglich ist, andere, gesündere und lebensbejahendere Wege einzuschlagen, um sich das zu nehmen, was einem gut tut.
Ich habe erst sehr spät gelernt, dass es mich sehr viel Kraft kostet, mit anderen Menschen zusammenzusein. Durch die Prägung in meinem Elternhaus ist es Teil meines Wesens geworden, bei anderen Menschen, in jeder Situation, zu beobachten, wie es dem anderen gerade geht. Oft erkenne ich durch genaues Beobachten von Körpersprache, Mimik, Stimmlage, manchmal sogar schneller als mein Gegenüber selbst, wenn etwas nicht stimmt, und ich versuche, durch vorsichtiges Nachfragen und behutsames Zuhören, dem anderen zu helfen oder wenigstens mein Verständnis und bedingungsloses Akzeptieren anzubieten. Ich mache das gerne, fast automatisch, und ich liebe auch diese Eigenschaft an mir. Und dennoch: Jede Begegnung kostet mich unheimlich viel Kraft, und ich muss immer aufpassen, mir nicht zuviel zuzumuten.
Ich habe das Geschenk von wunderbaren Freundinnen und Freunden erhalten, die mich genauso annehmen, wie ich bin. Sie haben mir meine vielen Lügengeschichten und Absagen in letzter Sekunde vergeben und nehmen es großartig hin, dass ich sie nur alle paar Jahre besuchen kann. In manchen Jahren kann ich bis zu drei, vier Freunde treffen, aber es gibt auch Zeiten, da ist mir nur ein einziger Besuch möglich.
In der psychosomatischen Klinik, in der ich 2007 einige Monate wegen meiner Essstörung behandelt wurde, bekamen wir die Aufgabe gestellt, uns für Notfälle, wenn der Suchtdruck sehr groß ist, einen Überlebenskoffer zu gestalten. Suchtdruck bedeutet in meinem Fall, dass der Drang, zu erbrechen oder Alkohol zu trinken, fast übermenschlich ist und einem alles an Kraft abfordert, dem nicht nachzugeben. In meinem Überlebenskoffer sind lauter kleine Symbole, die mich in schlimmen Augenblicken daran erinnern sollen, ganz besonders auf mich zu achten - achtsam zu sein - und statt des Suchtmittels lieber die vielen schönen Dinge wahrzunehmen, die mich ausmachen und die mir Freude bereiten. So sind in dem Koffer zum Beispiel mein Parfüm, ein Spaziergang in der Natur, ein gutes Buch, ein Museumsbesuch, meine Lieblingsfilme oder die Musik der von mir verehrten Liedermacher und Chansonsängerinnen.
Achtsam sein bedeutet für mich, alles langsamer zu tun, mit allen Sinnen genau auf meine Umgebung zu achten, auf die Signale meines Körpers und meiner Seele zu hören und zu erkennen, dass das, was ich gerade denke oder so dringend tun zu müssen glaube - in Wirklichkeit gar nicht unaufschiebbar und oftmals überhaupt nicht notwendig ist. Achtsam bedeutet auch, mich auf den Augenblick zu konzentrieren, auf den nächsten Schritt, und mich nicht verrückt zu machen mit fünf Fragen auf einmal oder den Erwartungen, die andere Menschen an mich haben könnten - oder ich an mich selbst, und mit deren pflichteifriger Erfüllung ich mich komplett übernehme und meiner Kraft beraube.
Mein Leben ohne Sucht, mein fester Wunsch, wenigstens in Zukunft so pfleglich wie möglich mit meiner Gesundheit umzugehen, haben mich praktisch dazu gezwungen, mehr auf mich zu achten und anzuerkennen - ob es mir nun passt oder auch nicht -, dass mir viele Dinge, die ich von mir geglaubt oder erwartet habe, in meinem Leben nicht mehr möglich sind. Wahrscheinlich waren mir Kräfte zehrende Begegnungen mit anderen Menschen, doppeldeutige Erwartungen und Botschaften, unausgesprochene Vorwürfe und anderes, was weniger Vorbelasteten vielleicht gar nicht auffällt, schon immer zuviel, nur habe ich durch den Rückzug mithilfe meiner Süchte dies jahrzehntelang unterdrückt und meinen tatsächlich verletztlichen Zustand gnadenlos überspielt. Dies kann ich heute nicht mehr, jedenfalls nicht, wenn ich keinen Rückfall und eine Rückkehr in ein so trauriges, nur von Sucht diktiertes Leben riskieren möchte.
Aber auch durch die Armut, die sich seit meiner Rente 2006 immer mehr in mein Leben eingeschlichen hat, bin ich auf meine Umgebung und meine Mitmenschen aufmerksamer geworden, und ich bemerke Dinge, die mir früher, zu Zeiten sorglosen Shoppens und Arbeiten bis zum Umfallen, nicht aufgefallen sind. So sehe ich zum Beispiel mitten im Winter Familien mit zwei oder drei kleinen Kindern, in billiger oder unmoderner Kleidung, die ohne Handschuhe, mit viel zu leichten Jacken und Schuhen, frierend, mit hochgezogenen Schultern und Sorgenfalten in den Gesichtern der Eltern, an der Bushaltestelle stehen, während um sie herum Menschen im Weihnachtsrausch mit übervollen Plastiktüten zu ihren geschützt geparkten Autos eilen. Ich gehe an Flohmarktständen vorbei und sehe die immerselben Gesichter, die Woche für Woche ihren wenigen, fast kaum noch etwas einbringenden Hausrat und Tand verkaufen - 10 Cent das Stück steht auf einem Pappschild und zeigt den vorbeieilenden Schnäppchenjägern, dass hier für Sie nicht das Mindeste zu holen ist.
Ich erkenne selbst im Discounter eine Zweiklassengesellschaft: Da sind die gut angezogenen, finanziell und beruflich Abgesicherten, immer in Eile, die in ihre vollen Einkaufswagen neben den Wochenangeboten auf dem Weg zu Kasse fast wahllos Dinge packen, die sie ohnehin noch zu Hause haben und die dann in ihren Vorratsschränken vergessen werden. Daneben sehe ich immer öfter die Menschen wie ich, die nur wenige alltägliche Gebrauchs- und Lebensmittel vor sich herschieben, die vor dem ein oder anderen Regal länger stehenbleiben und offensichtlich überlegen, ob sie den Artikel wirklich brauchen oder ob sie seinen Kauf noch um eine weitere Woche verschieben können. Spontankäufe kommen bei Armen nur sehr selten vor - das rächt sich nur allzu schnell am Ende oder auch schon in der Mitte des laufenden Monats.
Ich sehe die ausgezehrten und aufgedunsenen Gesichter der Obdachlosen in der Fußgängerzone, die sich in der Unterführung herumdrücken und die mich daran erinnern, dass damals nur noch eine Haaresbreite gefehlt hätte, und ich stünde heute mit ihnen zusammen, tränke und sinnierte über den Lauf der Welt - von den meisten verachtet, missverstanden und auf keinen Fall in ihre Gesichter sehend. Ich lerne die anderen Seiten einer Stadt kennen, die Sozialkaufhäuser, den Schmutz, die abblätternden Behausungen, viel Streit und Gleichgültigkeit. Dafür hatte ich als Berufstätige mit gutem Gehalt, mit Überstunden und Speedshopping für Hunderte von Euro gar keine Zeit - und keine Augen, die hingesehen haben.
Ich glaube, ich möchte noch viel mehr hinsehen und lernen. Achtsam sein ist nicht nur gut für mich, sondern auch für die Menschen und die Natur um mich herum. Ich versuche, nicht mehr so gedankenlos zu sein, alles so selbstverständlich und übersättigt hinzunehmen. Es gibt so viel Schönes zu erleben, was gar kein Geld kostet. Und es gibt so viel Trauriges und Menschliches zu sehen, was manchmal ganz leicht mit einer kleinen Geste zu lindern ist.
Ich wünsche euch einen wunderbaren Frühling. Ich genieße jede Blüte, die als neue Farbe im Alltagsgemälde auftaucht und mir zeigt: Schau her, nimm dir Zeit, sei achtsam. Lächle einem anderen zu, wenn du kannst, oder zeig ihm mit einem Blick, einer helfenden Hand, das du ihn oder sie wahrgenommen hast in unserer Zeit des Wegschauens.
Ich danke euch für euer Zuhören.
Eure Miriam
miriam rosendahl am 27. April 14
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Nicht wie die meisten Menschen
Schon als kleines Mädchen deutete sich bei mir an, dass ich anders bin als andere Kinder in meinem Alter. Ich war viel ernster, hatte wenig Freundinnen, gehörte nie einer Clique an, zog mich damals schon immer wieder zurück, stand allein auf dem Schulhof und tat so, als machte es mir nichts aus. Als hätte ich das beste Selbstbewusstsein der Welt und wollte es so. Tatsächlich habe ich, stets nach Kräften von meiner Mutter darin bestärkt, bis zu dem Tag, an dem wir in der Aula die Abiturzeugnisse überreicht bekamen und ich plötzlich jolenden Applaus bekam - was niemanden mehr überrascht hat als mich - immer geglaubt, ich sei mehr oder weniger bei allen in meiner Klasse reichlich unbeliebt und kaum wert, wirkliche Freunde zu haben. Die andere Seite war dabei vielleicht, aber das habe ich erst viel später erkannt, dass ich praktisch nie etwas von mir erzählt habe. Ich kannte das gar nicht, die wirklich vertraulichen und vertrauten Gespräche mit einer Freundin oder einem Freund, den ich sogar hatte und sehr liebte, aber selbst dem ich mich nicht anzuvertrauen wagte. Das war verboten von meinem autoritären, mal Furcht einflößenden, mal liebevollen, aber immer unberechenbaren Vater: "Über die Familie spricht man nicht!" Da ich meinem Vater, so gut ich nur konnte, immer gehorcht habe, tat ich das auch nicht. Und so wusste niemand - bis ich 22 war, Theologiestudentin in einer fremden Stadt, auf der verzweifelten Suche nach mir selbst -, wie es mir ging: dass ich, erst magersüchtig, und nunmehr seit zwei Jahren bulemisch, nicht wusste, wie mir geschah, warum um Himmels willen ich diese schrecklichen, heimlichen, nächtlichen Ess-Brech-Anfälle hatte und einfach nicht damit aufhören konnte - zu meinem Entsetzen, Unverständnis, Hilflosigkeit und unendlicher Scham. Mit 22 konnte ich zum ersten Mal nicht mehr, und nachdem ich einer neu entdeckten Freundin, meiner ersten besten Freundin überhaupt, stunden-, tage- und wochenlang zugehört hatte, wie sie von sich erzählte und mir ihre schreckliche Kindheit anvertraute, wagte ich zum ersten Mal in meinem Leben etwas, was ich von nun an ganz langsam in meinem Leben lernen würde: Ich vertraute ihr mein schreckliches Geheimnis, meine tiefste Scham und meine Kindheit an.
Obwohl ich inzwischen im Lauf der Jahre zahlreichen Therapeutinnen, Ärzten und Freunden von mir und meiner Geschichte erzählt habe, fällt es mir immer noch schwer, meine allerinnersten gehütetsten Gedanken und Gefühle, heimliche Wünsche und Sehnsüchte, auszusprechen. Ich weiß nicht, ob ich mich überhaupt jemals so frei und natürlich, wie es zumindest viele Mädchen schon ganz früh untereinander können, einem anderen Menschen mitteilen kann. Es gibt immer noch eine innere Sperre, die mich, obwohl ich ja eigentlich ganz gut reden kann - zumindest erscheine ich nach außen hin so -, daran hindert, selbst einem langjährig vertrauten Menschen die ein oder andere Sehnsucht oder auch Angst mitzuteilen. Ich komme mit meinem Leben, sogar mit dem Zusammenleben mit einer sehr engen Freundin, ganz gut klar, das finde ich jedenfalls, und es läuft besser, als ich mir je erträumt hätte. Wir reden, lachen, schweigen miteinander und teilen sehr, sehr viel. Aber ich glaube auch, dass diese Sperre, dieses Zurückhalten meines Innersten, mich daran hindert und gehindert hat, wirkliche Beziehungen zu führen oder sie überhaupt zu wagen.
Wie viele Menschen, die sich anders als andere empfinden, habe auch ich gelernt, eine relativ gut funktionierende Fasse nach außen hin aufzubauen. Ich scheine zwei Seiten zu haben, und selbst mir fällt es immer wieder schwer, meine Gegensätze in Einklang zu bringen. Auf den ersten Blick wirke ich, glaube ich, relativ unauffällig: Ich kann ganz gut auf Leute zugehen, oberflächliche Gespräche, aber auch tiefere, persönlichere führen, ich bin freundlich, höflich, kann mich gut ausdrücken, kann gut zuhören - sprich: die Fassade wahren. Aber wenn mich jemand näher kennenlernt, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Ich bin nach solchen Gesprächen, wenn mich niemand mehr sieht, unglaublich erschöpft, ich brauche Rückzug, Erholung, Alleinsein, Schweigen. Ich habe eine so andere Geschichte und bin so tief erschöpft, dass ich nicht, wie die meisten Menschen meines Alters, mehr arbeiten gehen kann. Ich habe so viel herunterschluckt in meinem Leben, so lange versucht, den normalen Schein aufrecht zu erhalten und wie andere auch zu arbeiten, Geld zu verdienen, zu funktionieren, während mein Inneres brannte und laut(los) um Hilfe schrie, dass - für den Rest meines Lebens (?) - keine Kraft mehr dafür übrig ist. Ich habe "die Kerze an beiden Enden angezündet" und, so erscheint es mir, all meine Kraft, die für ein ganzes Leben reichen sollte, bereits mit dreißig nicht nur aufgebraucht, sondern mehr als x-mal soviel von ihr ausgegeben.
An manchen Tagen kann ich es immer noch nicht glauben, dass das wirklich ich bin, die seit ihrem 36. Lebensjahr nicht mehr arbeiten kann - und das in einer Gesellschaft, wo es bei jedem ersten Kennenlernen nichts Wichtigeres gibt als die Frage: "Was machen Sie beruflich?" Das bin ich, diejenige mit den zwei Seiten, die immer wieder aus Erschöpfung Termine verschieben, ihre Freundinnen und Freunde vertrösten, um Verständnis und Geduld bitten muss, die nicht telefonieren, sondern nur schreiben kann, der einfache Situationen mit wenigen Menschen schon zuviel sind - und die jeden Tag aufs Neue versucht, in ebendieser Gesellschaft ihren Weg zu finden, sich selbst zu verstehen und gegen alle Widerstände und Unverständnis, auch Neid und Ungläubigkeit, von Außenstehenden sich treu zu bleiben.
Meinen Eltern war es nicht möglich, ihr eigenes Leben zu verantworten, geschweige denn, zwei Kindern etwas Stabiles, Tragendes, Ermutigendes für ihre Leben zu vermitteln. Die Zeit meiner Kindheit und die zwei Jahrzehnte, in der unbelastete Menschen ihr Leben aufbauen, sich ausprobieren, Beziehungen führen, Familien gründen und eine berufliche Stabilität aufbauen, habe ich stattdessen damit verbracht, überhaupt erst herauszufinden, wer ich bin, was mich ausmacht, was ich gut kann und was mich überfordert, warum mich 20 Jahre lang diese schrecklichen Süchte quälten, und weshalb ich keinen Menschen an mich heranlassen konnte, es vielleicht bis heute nicht so kann wie andere.
Im Lauf der Jahre, der Therapien und Selbsterkenntnisse, des langsamen, schmerzvollen Zurücklassens der Süchte für ein anderes, aber selbstbestimmteres Leben, habe ich gelernt, anders hinzusehen, und ich habe einige Menschen kennengelernt, deren Lebensweg genauso verschnörkelt ist wie meiner. Menschen, die auch ein anderes Leben geführt haben als der Großteil unserer Gesellschaft, diejenigen mit den sogenannten "Lücken im Lebenslauf" - die dann gerne in diversen Weiterbildungsmaßnahmen des Jobcenters von den jeweiligen Berufscoaches fantasievoll geschlossen und umbenannt werden in "Auslandserfahrungen", "selbständige Tätigkeiten", "Fortbildungssemester" etc.
Leider habe ich in der letzten Zeit festgestellt - meine Freundinnen und Freunde mit den verschnörkelten Lebenswegen sind ungefähr so alt wie ich oder wenige Jahre älter -, dass uns alle, mehr oder weniger, unsere Kindheit und unsere Vergangenheit, in der wir suchten und darum kämpften, "normal" zu leben und zu funktionieren, eingeholt hat. Jede einzelne meiner Freundinnen, die aus einem schwierigen Elternhaus kam und sich für einige Jahre durchaus ein respektables, unauffälliges Berufs- und Alltagsleben aufgebaut hatte, steht mittlerweile wieder an dem Punkt, nicht wie andere zu sein.
Ich bin zwar die Jüngste und mit meiner krassen Suchtvergangenheit vielleicht die Auffälligste von uns, aber meine Freundinnen stehen nach zähem Durchhalten und Funktionieren vor ebensolchen Fragen und Ängsten wie ich vor einigen Jahren:
Was geschieht mit mir und meinem Körper/meiner Seele? Was bedeutet das für mein weiteres Berufs- und Erwerbsleben? Welchen Beruf und in welchem Umfang kann ich noch ausüben, und: Welcher Arbeitgeber nimmt mich überhaupt noch?? Wovon soll, wovon kann ich leben? Welche Einschränkungen kommen auf mich zu? Wie lange kann und muss ich das finanziell durchhalten? Und, ganz schlimm in unserer Gesellschaft: Was bedeutet das für mein Alter, wenn ich keinerlei Rücklagen oder Absicherung habe?
Ich möchte dennoch mit einem kleinen Vorteil schließen, den meine Freundinnen, Freunde und ich vielleicht haben im Unterschied zu denen, deren Lebensweg eher gerade verlief. Durch unsere Geschichten, unsere ungewöhnlichen Lebensläufe, durch psychosomatische Erkrankungen, Therapien etc. ist uns vielleicht auch etwas geschenkt, was andere Menschen erst später in ihrem Leben, manche vielleicht auch gar nicht, durchmachen: sich immer wieder die Frage nach dem Sinn zu stellen, nach dem, was uns wirklich wichtig ist, ob wir tatsächlich so leben, wie es uns gut tut und unseren Überzeugungen entspricht, was wir ändern müssen oder wollen, und nicht zuletzt; was uns Verzicht auch schenken kann an Einsichten und Zeit für die kleinen, schönen, kostbaren und immateriellen Dinge des Lebens.
Danke für euer Zuhören.
Eure Miriam
miriam rosendahl am 27. April 14
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Ein schlechter Tag
Ein schlechter Tag kündigt sich an, wenn sich mir schon beim mühsamen Öffnen meiner Augen die schwere Decke der Depression auf die Schultern legt. Mir ist übel, ich bekomme schwer Luft, und alles, an was ich denke, erscheint mir schwer und unlösbar. An guten Tagen bin ich ganz zufrieden mit meinem Leben, ich kann mich an kleinen Dingen erfreuen, und meine Grundstimmung sagt mir: "Irgendiwe kriegen wir das schon alles hin." An schlechten Tagen, so wie heute, kämpfe ich dauernd mit den Tränen, ich möchte mich am liebsten im Bett verkriechen, die Decke über den Kopf ziehen, nicht reden, nicht essen, keinen Menschen sehen. Ich kann meiner Freundin und MItbewohnerin kaum in die Augen schauen, und ich muss alle Verabredungen und Verpflchtungen, ohne Rücksicht auf Verluste, absagen und - wieder einmal - hoffen, dass meine Freundinnen und Freunde mit meinen schwachen, dunklen Anteilen genauso gut umgehen können wie mit meiner strahlenden Seite, wo ich auf Menschen zugehen kann, Anteil nehmend und einfühlsam bin, wo ich lache und gut drauf bin. Heute strengt mich selbst leises Lächeln an, Atmen und Schlucken kostet mich Kraft, und nach einer Nacht voller Albträume, in denen mich alle ablehnen und hassen, kann ich mich selbst kaum ertragen oder es gut in meiner Haut und in meinem Körper aushalten. Ich fühle mich hässlich und abstoßend, ich wäre gern unsichtbar oder würde am liebsten verschwinden.
So bin ich aufgewachsen. Da mein Vater sehr launisch, aggressiv und unberechenbar war und meine Mutter nicht fähig, ihre beiden Kinder zu sehen und zu lieben, war für Traurigkeit oder schlechte Laune von meinem Bruder und mir kein Platz. Mein Bruder hat es sich noch etwas mehr erlaubt, aber ich spürte meine ganze Kindheit und Jugend hindurch den Auftrag, für die gute Stimmung in unserer labilen Familie verantwortlich zu sein, während es alle anderen Gefühle bei mir einfach nicht geben durfte. Diese dauernde Anstrengung, zu lächeln und für gutes Wetter zu sorgen, sitzt auch heute noch, mit 44 und nach vielen, vielen Jahren Therapie unglaublich tief. Meine Freundinnen und Freunde haben schon viel mit mir erlebt: viele Absagen in mehr als letzter Minute, unzählige Ausreden und Lügengeschichten, sie kennen die Geschichte meiner Süchte, meines Zusammenbruchs, meiner Rente - und dennoch: jede neue Absage, jedes Eingeständnis: "Heute geht es mir nicht gut./ Ich habe keine Kraft. / Ich kann unsere Verabredung nicht einhalten. / Ich kann nicht telefonieren, sondern bin nur schriftlich erreichbar." kostet mich unglaubliche Kraft, Überwindung und Atemnot, weil mich mein eigenes schlechtes Gewissen: "Das darf doch nicht sein! / Nicht schon wieder! Wer soll dich schon lieb haben, wenn du SO SCHLIMM bist!" fast zu Boden drückt.
Meine Mitbewohnerin, meine engen Freundinnen und Freunde sagen und zeigen mir immer wieder, das ist ok, sie halten das aus, wenn ich schlecht drauf bin, die schönen Zeiten mit mir überwiegen, und sie mögen mich trotzdem - aber ich selbst kann mir kaum verzeihen. So wie heute. Selbstmitleid, Selbsthass und Ausweglosigkeit. Morgen kann es mir schon wieder besser gehen, aber heute siegen die Tränen der Überforderung.
Ich lebe ja seit 2005 ohne Alkohol - mit Gottes Hilfe und Gnade -, und seit 2007 ist auch meine Bulemie, dass ich das Essen buchstäblich jeden Tag auskotzen musste, weil ich mir nicht anders zu helfen wusste - mehr oder weniger vorbei. Es gibt Rückschläge an schlechten Tagen, aber ich finde immer wieder in die Abstinenz und sogar dahin zurück, gerne zu essen, in normalen Mengen, und weder über Kalorien noch über meinen Bauch noch über den damals so schrecklich vertrauten Gang zur Toilette nachdenken zu müssen. Auch hierfür danke ich Gott. Wenn ich zu Suchtzeiten überfordert war, habe ich einfach getrunken oder einen Essanfall zelebriert. Auf diese ungesunde Weise habe ich mich selbst geschützt, habe mich aber auch immer verdammt, weil ich dachte: "Wenn ich diese schrecklichen Süchte nicht hätte, DANN könnte ich ganz normal und gut gelaunt für meine Freunde da sein." Heute habe ich die Süchte nicht mehr und stelle zu meiner großen Bestürzung fest: Ich bin immer noch überfordert - und zwar von ganz vielen Dingen, die für andere, so genannte normale Menschen gar kein Problem darstellen.
Bei großen Menschenmengen spüre ich den übermächtigen Drang zur sofortigen Flucht, wobei große Menschenmengen für mich schon bei einer Einkaufssituation oder auf einer Straße sein können. Verabredungen, selbst mit vertrauten Menschen, bedeuten eine große Kraftanstrengung, die ich sowohl vor dem Termin als auch lange danach spüre und nur durch langes Ausruhen und Alleinsein kompensieren kann. Frühes Aufstehen, öffentliche Verkehrsmittel, Liftfahren, langes Warten, Telefonieren, Familienfeiern, Einladungen zu Festen, Verpflichtungen, Arzttermine, Gespräche mit Nachbarn - all das kostet mich Kraft, laugt mich aus, und oftmals kann ich es gar nicht. Wie soll ein normaler Mensch, der keinen schwierigen Hintergrund, keine psychische Krankengeschichte, keine jahrelange Therapieerfahrung hinter sich hat, das verstehen? Ich verstehe es ja selbst kaum und kann es nur schlecht bei mir akzeptieren.
Wie lange habe ich nicht versucht, NORMAL zu sein. Das war mein allergrößter Wunsch: glückliche Kindheit, unauffällige Schulzeit und Studium, einen Freund, einen Partner finden, heiraten, Kinder kriegen, Haus, Beruf, Geld verdienen, Vorsorge treffen fürs Alter, das Ganze Drum und Dran. Das wird in diesem Leben für mich nichts mehr, das habe ich inzwischen gelernt. Aber Freundinnen und Freunde habe ich trotzdem gefunden, trotz meiner Schwächen, meiner Geschichte und meiner dunklen Seite, die mich immer wieder einholt und erinnert: "Du bist wie nicht wie andere. Du musst, du darfst mehr als andere auf dich aufpassen." Und: "Manches, was für andere kein Problem, vielleicht ihre Normalität darstellt, ist nichts für dich, wird nie oder nie mehr etwas für dich sein." Bitter ist das. Traurig, und an manchen Tagen viel schwerer auszuhalten als an den guten.
Ich danke euch fürs Zuhören.
Eure Miriam
miriam rosendahl am 27. April 14
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Geld und seine Bedeutung, wenn man arm ist
Hallo. In den vergangenen Jahren, seit ich von meiner Rente leben muss und nicht mehr arbeiten kann, ist Geld immer wichtiger geworden. Das Reden über Geld, das Nachdenken über Geld, das dauernde Überlegen, wie man noch zu etwas mehr Geld kommen könnte, was ich noch tun, was ich verkaufen oder - ganz wichtig: wo ich in meinem täglichen Leben noch mehr Geld einsparen könnte. Früher fand ich es unangenehm, von Geld zu reden, ich fand es schrecklich und unvorstellbar für mich selbst, wenn andere über Geld stritten, aber heute ist das Thema mein täglicher Begleiter. Manchmal kann ich ganz gut damit umgehen, kann sogar über meine Armut, meine finanziellen Einschränkungen und meine dauernden Schulden lachen, aber an anderen Tagen ist es einfach nur eine dunkle, schwere Wolke, die mir sehr viel Hoffnung und Lebensfreude nimmt. Ich brauche nicht sehr viel, glaube ich wenigstens, aber es gibt immer mehr Tage - und beileibe nicht nur am Monatsende -, an denen ich mich frage, wie ich die alltäglichen Dinge oder eben die, die mir wichtig sind, wie Katzenfutter oder meine mir noch geleistete Zahnzusatzversicherung, in den kommenden Tagen und Wochen überhaupt unterbringen soll, bis wieder Geld auf mein Konto kommt.
Die letzte Woche war gut, weil ich zwei Aufträge für Gutachten bekommen habe. Das reicht wieder für ein paar kleine Extraausgaben wie die Kosten für die Änderungsschneiderin, die mir mit einem Stoffstreifen einen Rock oder ein Kleid, die ich schon viele Jahre habe, weiter macht, sodass ich sie noch einmal mehrere Jahre tragen kann, bis sie endgültig zerschlissen sind. Bei den Gutachten, die ich seit einigen Jahren für zwei Münchner Publikumsverlage schreibe, lese ich zunächst ein meist englisches Manuskript, zu dem ich mir recht genaue Notizen mache. Das Lesen dauert inzwischen eine knappe Woche, aber am Anfang habe ich gut die doppelte Zeit gebraucht. Danach schreibe ich auf Deutsch eine ausführliche Inhaltsangabe und dann, fast am wichtigsten, kommt eine Beurteilung von mir, ob ich dem Verlag empfehle, die Rechte an dem Buch zu kaufen, oder ob ich glaube, es lohnt sich nicht, das Buch zu übersetzen und zu veröffentlichen. Die Arbeit macht mir inzwischen viel Freude, auch weil ich mich inzwischen wieder viel besser konzentrieren kann als in den ersten Jahren meiner Rente. Durch die vielen Gutachten hat mein Selbstbewusstsein stark zugenommen, was meine eigenen Fähigkeiten und mein Schreiben betrifft. Ohne sie käme ich sicher nicht auf die Idee, mir einen Blog zuzutrauen und ihn vielleicht eines Tages auch anderen öffentlich zu machen. Wenn ich innerlich soweit bin, werden zuerst meine besten Freundinnen und Freunde, die schon so viel von mir wissen, so viele Untiefen und Schwächen, diese Adresse erfahren, und nach ihrem Urteil (was ja immer freundlich, wohlwollend und Mut machend ausfällt, was auch immer ich tue), werde ich wohl versuchen, ein noch öffentlicheres Publikum zu finden.
Zurück zum Thema Geld. Inzwischen habe ich gelernt, darüber zu reden, und ich finde es lange nicht mehr so peinlich wie früher. Ich finde, gerade arme Menschen sollten sich nicht auch noch deswegen verstecken müssen. Es ist keine Schande, arm zu sein, es kann jeden Menschen in unserer Gesellschaft treffen, und es geht so viel schneller, als man denkt. Wir müssen schon genug überlegen, was wir uns leisten können, wo wir hingehen, was für uns alles nicht möglich ist, da sollte uns nicht auch noch die Scham niederdrücken, dass wir darüber nicht reden dürfen. Ich bin nicht glücklich darüber, dass Geld so einen großen Raum in meinem täglichen Leben und Denken einnimmt, und es ist mir arg, wenn ich in den E-Mails an meine Freundinnen und Freunde immer wieder davon schreibe. Aber es ist ein Teil meines Lebens, ich möchte ihn nicht überbewerten oder mich ganz und gar von ihm beherrschen lassen, aber ich möchte ihn auch nicht ausklammern.
Und so kam es, dass ich im vergangenen Jahr, als wir unfassbaren Streit mit unseren ach so ehrbaren Nachbarn hatten und es für uns nicht mehr erträglich war, dort weiter zu leben, meine Freundinnen und Freunde, die mich seit Jahren begleiten und wirklich sehr gut kennen, darum gebeten habe, mir Geld für einen Umzug zu leihen. Was ich von ihnen als Antworten und als selbstverständliche finanzielle Unterstützung, sogar zum Teil geschenkt bekommen habe, übertraf meine kühnsten Erwartungen. Noch jetzt treiben mir das unbedingte Vertrauen und die große Hilfe meiner Freundinnen und Freunde Tränen in die Augen. Ich bin unglaublich dankbar, dass solche Menschen zu meinem Leben gehören. Ich werde euch immer wieder von ihnen erzählen. Es sind ganz besondere Menschen, die ich in den unterschiedlichsten Lebenssituationen kennengelernt habe, und die, wie ich, allesamt keinen geraden Lebensweg hinter sich haben, sondern sich immer wieder mit vielen Umwegen, Irrwegen, Zweifeln, Mut, Neuanfängen, Hinfallen und Wiederaufstehen konfrontiert sehen.
Ich habe bereits als Schülerin angefangen, eigenes Geld zu verdienen, und zwar nicht bei meinen Eltern, für die das Mithelfen im Haushalt eine selbstverständlich unentgeltliche Erziehungsmaßnahme war. Ich habe bei Jahresinventuren von großen Geschäften mitgezählt, ich habe in einer Buchhandlung gejobbt, in einem Café gekellnert und viele Jahre, bis ich Berlin verlassen habe, als Nachhilfelehrerin gearbeitet. Mir hat alles Spaß gemacht, ich liebte neue Erfahrungen und wollte mir für nichts zu schade sein. Neu angekommen in Frankfurt am Main habe ich neben dem Studium in der Nachtschicht Pakete in Postwagen sortiert und bin schließlich als Hilfskraft im Evangelischen Pressedienst gelandet, wo ich wieder blieb, bis ich weitergezogen bin nach München. Nach zehn Jahren des freien Studierens, nach Ausprobieren, über die Stränge schlagen, in dem unglücklichen Versuch herauszufinden, wer ich eigentlich bin, war ich immer noch nicht fertig mit meinem Studium und versuchte verzweifelt, neben all meinen Problemen, neben Bulemie und Alkohol, fürs Examen zu lernen und nebenbei noch 20 Stunden in der Woche für die Fraunhofer Gesellschaft zu arbeiten. Doch es ging nicht mehr. Ich konnte nicht mehr, ich wusste, dass ich mit diesen Problemen niemals mit meinen Ansprüchen einer Einserkandidatin das Examen in einer wildfremden Stadt schaffen würde. Mein damaliger Freund, Nico, mit dem die Beziehung auch nicht gerade einfach war, half mir damals, mich zu einem ganz anderen Schritt durchzuringen: Ich brach schweren Herzens das Studium ab und machte eine Ausbildung zur Verlagsassistentin. Ich hatte Glück: Ich bekam sofort den Ausbildungsplatz samt der finanziellen Unterstützung durch einen damaligen EU-Fonds vom Arbeitsamt. Doch meine Süchte dauerten an, sie waren teuer und kosteten mich unendlich viel Scham und Kraft, dennoch schaffte ich es irgendwie, den Anschein zu wahren, die Ausbildung zu beenden und sogar eine Stelle im Verlag zu bekommen. Während der Ausbildung war mein Vater plötzlich gestorben, an Speiseröhrenkrebs, was, wie ich später erfuhr, eine ganz typische Erkrankung eines ebenfalls versteckten Alkoholikers war. Auch zu meiner Familie werdet ihr noch mehr erfahren. Obwohl ich inzwischen schon sehr viel trank, was sich bei vier Flaschen Sekt oder Wein am Abend nicht mehr wirklich gut verheimlichen ließ, versuchte ich irgendwie, den trüben Schein aufrecht zuerhalten und weiter zu "funktionieren", sprich: eigenes, und damals gutes Geld, zu verdienen. Natürlich war ich oft krank, bekam deswegen Probleme und versuchte dann verzweifelt, durch schlimme Entzugsphasen und krasse Überstunden, wieder gutes Wetter zu machen.
Als ich mich nach langem, langem Ringen endlich von meinem mal depressiven, mal aggressiven, immer aber egozentrischen Freund getrennt habe und ich, mit nunmehr 33 Jahren, fast körperlich schmerzhaft eigene Kinder vermisste, wollte ich noch einmal eine berufliche Veränderung herbeiführen. Ich wollte wenigstens gerne für andere Kinder da sein, ihnen mein Herz schenken, und so bewarb ich mich in einem Kinderdorf für die Ausbildung zur Erzieherin. Und wieder hatte ich Glück, so dachte ich zumindest, denn es ging alles ganz schnell: Ich durchlief die Auswahlverfahren, wurde angenommen, kündigte im Verlag und zog an den Ammersee. Doch es lief alles andere als glatt, im Gegenteil, es ging von Anfang an schief, und noch immer versuchte ich, den trügerischen Schein zu wahren. Doch 2006 kam es zu meinem endgültigen Zusammenbruch. Es ging gar nichts mehr. Ich ließ mich für unbestimmte Zeit krank schreiben, ging für mehrere Monate in eine psychosomatische Klinik, danach kam Arbeitslosengeld und der Anspruch, endlich wieder zu arbeiten, bis ich erkannte: Ich kann nicht mehr zurück. ich kann nicht mehr arbeiten, nicht mehr funktionieren wie andere Menschen. Meine Geschichte, mein schwieriges Aufwachsen, meine Süchte, der Suizid meines geliebten Bruders, der Tod meines Vaters, die Unnahbarkeit und Ablehnung meiner Mutter, meine eigenen unsicheren Perfektionsansprüche und das totale Verausgaben über drei Jahrzehnte - all das hatte mir den Boden unter den Füßen, meine Lebenskraft und Freude, jegliche Normalität, die ich mir immer sosehr gewünscht hatte, entzogen. Und entgegen vieler Unkenrufe, auch aus meiner "wohl"meinenden Verwandtschaft, bekam ich tatsächlich, Gott sei Dank, die volle Erwerbsunfähigkeitsrente zuerkannt, mehrmals für einige Jahre befristet, jetzt auf unbestimmte Zeit befristet. Und obwohl sich mein Leben finanziell erst langsam, dann dramatisch verändert hat, bin ich bis heute unendlich dankbar für die Rente und die Möglichkeit, so leben zu können, wie ich es heute tue.
Zunächst war es mit dem Geld noch gar nicht so schlimm. Ich hatte ein eigenes Auto, lebte inzwischen in einer WG mit einer Freundin aus dem Kinderdorf, Hanna, bei Ausgburg, wir teilten uns alle Kosten, wir hatten mehrere Katzen, kauften biologische Nahrungsmittel und gönnten uns immer wieder schöne Dinge wie Tagesausflüge, eine Reise nach Hamburg, wir kauften Töpfergeschirr und gestalteten unseren Garten mit Rosenstöcken und anderen Blumenschönheiten. Wir brauchten unsere Ersparnisse auf, gerieten immer mehr in den Dispokredit, mein Bausparvertrag und Hannas Lebensversicherung wurden von uns gekündigt, und als auch die aufgebraucht waren, wurde das Geld schon knapper. Auch Hanna hat keinen geraden Lebensweg, sie leidet schon ihr Leben lang unter schwersten Depressionen und hat bereits mehrere Suizidversuche hinter sich, und auch ihr war es schließlich nicht mehr möglich, "normal" weiter zu funktionieren. Nun sind wir zwei Frührentnerinnen, beide 44 Jahre alt, und es ist kaum mehr Geld in Sicht, als uns jetzt zur Verfügung steht.
Es stand schon länger im Raum, doch nun haben wir uns endgültig entschlossen, einen weiteren Teil unserer Freiheit und Unabhängigkeit, aber eben auch eine nicht mehr tragbare finanzielle Belastung zu kappen: Wir werden in Zukunft ohne Auto leben. Es hat uns viel Freude gemacht, aber es geht nicht mehr. Da wir mittlerweile noch einmal umgezogen sind - mit der unendlich großzügigen Hilfe unserer Freundinnen und Freunde -, leben wir heute in einem alten, etwas verschrobenen, nicht ganz auf dem neuesten Stand des Komforts eingerichteten - aber zauberhaften kleinen Häuschen am Rand von Heidenheim. Wir haben einen verwilderten Garten, viel Wald um uns, fünf Minuten zu Fuß in die Stadt, und wir werden in Zukunft zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs sein, die Gegend erkunden und es uns - hoffentlich für lange Zeit - hier wohl ergehen lassen. Zu unserem Glück träumen wir noch von einem kleinen Hund, und wir hoffen, dass wir, wenn wir in ein paar Jahren (???) das geliehene Geld an unsere Freundinnnen und Freunde zurückgezahlt haben, uns statt des Autos vielleicht einen kleinen Gefährten aus dem Tierheim in unser Leben holen können.
In den vergangenen Jahren habe ich exzessiv auf Flohmärkten verkauft, mir ganze Wochenenden, ganze Monate um die Ohren gehauen, um alles zu verkaufen, was in unserem Haushalt irgendwie von Wert war. Wir haben Treppenhäuser geputzt, und ich habe überlegt, wieder als Nachhilfelehrerin zu arbeiten, um irgendwie an Geld zu kommen. Wir kaufen nur noch ganz selten biologische Lebensmittel und haben uns eingeschränkt, wo wir überhaupt nur Möglichkeiten gefunden haben. Die Töpfer- und Gartenmärkte sind schon lange passé, und auch meine geliebten Klamotten und Bücher kaufe ich nur noch sparsam und in Gebrauchtmärkten. Früher hätte ich solche Läden gar nicht wahrgenommen und die Menschen, die dort einkauften, voller Mitleid betrachtet. Heute wird es auch für mich immer selbstverständlicher, nach Dingen aus zweiter Hand zu schauen, genau zu überlegen, ob ich etwas wirklich brauche, ob ich dei Anschaffung nochmal verschieben kann, oder ob ich nicht eine andere Lösung finde mit den Dingen, die ich schon zu Hause habe.
Ich habe mich in den vergangenen Jahren, als ich lange dachte, meine Konzentration, meine Kraft, mein Lebensmut kämen nie wieder zurück, noch einmal neu und ganz gut, wie ich glaube, kennengelernt. Mittlerweile habe ich ja, mit Gottes Gnade, wieder mehr Kraft, wenn auch nicht so, wie ich mich von früher her kannte oder wie ich mich selbst sehen wollte. Neulich habe ich überlegt, wieder als Nachhilfelehrerin zu arbeiten, aber plötzlich habe ich ganz klar erkannt: Das bin ich nicht mehr. Ich könnte es zwar, ich kann gut mit Kindern und Jugendlichen umgehen, auch mit Erwachsenen, und ich kann ihnen auch gut etwas beibringen - aber ich möchte es nicht mehr. Es kostet mich so viel Kraft, ich muss mich nach so einer Begegnung so lange ausruhen und pflegen, bis ich wieder meine öffentliche Fassade abstellen und wieder ich sein kann, dass ich das nicht mehr in Kauf nehmen möchte. Ich will meine Kraft nehmen und: schreiben. Ich werde meinen Mut zusammennehmen, meine Ideen, meine schriftstellerische Kreativität, einen sorgsamen Umgang mit meiner Kraft, und versuchen, mit Gutachten, wenn ich Glück habe: mit Redaktionen, mit studentischen Abschlussarbeiten und mit anderen Texten, die ich lektorieren oder schreiben kann und die vielleicht im Lauf der Jahre noch mehr werden, mein Auskommen zu finden.
Und doch, bei all den Schwierigkeiten, die das wenige Geld im täglichen Leben mit sich bringt: Ich bin glücklich. Glücklicher als zu fast allen anderen Zeiten meines Lebens. Ich lebe in fast allen Dingen so, wie ich es mir wünsche. Ich habe zwar keinen Mann und keine Kinder, aber ich bin nicht allein, ich habe ganz tolle Menschen in meinem Umfeld, denen an mir liegt, so wie ich bin, ich habe meine geliebten Katzen, ich habe ein Heim, ich habe Natur um mich herum, ich kann mir ab und zu ein gebrauchtes Buch oder das ein oder andere Kleidungsstück kaufen. Ich habe wieder ein bisschen Kraft und Lebensfreude, ich habe mit Gottes Hilfe meine Süchte überwunden, ich muss mich nicht verbiegen und über meine Kräfte hinaus funktionieren, ich habe ein kleines Auskommen und: ich darf euch schreiben.
Danke für euer Zuhören.
Eure Miriam
miriam rosendahl am 27. April 14
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Wer ich bin und über was ich schreiben möchte
Hallo. Mein Name ist Miriam Rosendahl, ich bin 44 Jahre alt und habe schon eine Menge erlebt. Ich möchte euch Dinge aus meinem Leben erzählen, damit ihr versteht, wie ich dahin kam, wo ich jetzt bin: Ich bin schon seit 2006 Frührentnerin, weil ich nicht mehr wie andere Menschen zur Arbeit gehen kann.
Alles hat seine Vorgeschichte, und ihr werdet, wenn ihr wollt, meine erfahren. Da ich nicht klug genug war, rechtzeitig eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, lebe ich heute mit sehr wenig Geld am Rand der Gesellschaft - wie viele andere auch. Mir fallen immer mehr Menschen auf, die mit sehr wenig Geld auskommen müssen, ich erkenne sie oft an Kleinigkeiten: wie sie sich kleiden, wie sie sich manchmal bewegen, wo sie anzutreffen sind - und wo nicht. Ich möchte darüber schreiben, was uns umtreibt, was wir uns leisten können, wo wir lange überlegen - und über vieles andere mehr. Manchmal beobachte ich andere Menschen wie mich einfach nur, und ich möchte ich euch gerne mitteilen, was mir dazu durch den Kopf geht.
Ich kann euch nicht sagen, wie oft oder wie regelmäßig ich mich melden werde, insofern bin ich bestimmt keine typische Bloggerin. Überhaupt ist das mein allererster Blog, in dem ich sicher viele Fehler machen werde. Ich freue mich natürlich sehr, wenn irgendwann einmal jemand meinen Blog liest, aber das muss nicht sofort sein. Ich will erst einmal selbst sehen, wie sich das bei mir entwickelt. Ich habe viele Ideen, was ich euch schreiben möchte, und wenn ich die ganze Sache tatsächlich durchhalten sollte, werde ich versuchen, mich auch etwas bekannter zu machen.
Fürs Erste schreibe ich wohl hauptsächlich für mich, aber ich lasse mich gerne überraschen. Wenn ihr mir also etwas zu meinen Beiträgen schreiben wollt, freue ich mich sehr und werde versuchen, euch in angemessenen Zeitabständen zu antworten.
Ich danke euch für euer Vertrauen und euer Interesse.
Eure Miriam Rosendahl
miriam rosendahl am 27. April 14
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